URICHER Rechtsanwälte Konstanz - Blog

Aufklärungspflichten im Unternehmensverkauf - Der virtuelle Datenraum als Instrument der Enthaftung
Blog vom 03.01.2024

von Rechtsanwalt Tobias Wölfl, Uricher Rechtsanwälte

Zurück zum Blog

Die Anforderungen für Verkäufer von Unternehmen sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Als Instrument der Enthaftung für den Verkäufer dient insbesondere die sog. Due Diligence im Vorfeld einer geplanten Transaktion. Hierbei soll dem Käufer durch Offenlegung von unternehmensspezifischen Unterlagen eine ordentliche Prüfung des Kaufgegenstands (dem Unternehmen) ermöglicht werden. Vor der Digitalisierung erfolgte die Bereitstellung der Unterlagen in den Geschäftsräumen des Verkäufers. Heutzutage werden den potenziellen Erwerbern über virtuelle Datenräume die Unterlagen bereitgestellt.

Ein gelungener Unternehmensverkauf kann allerdings nur gelingen, wenn sich der Verkäufer im Rahmen der Due Diligence ordnungsgemäß enthaftet und hierbei auch die "Spielregeln" einhält. So hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 15.09.2023 ⤓ V ZR 77/22 erneut die Grenzen der Benutzung von Datenräumen aufgezeigt. Dem Urteil des BGH lag zwar als Sachverhalt der Verkauf von Gewerbeeinheiten in einem großen Gebäudekomplex zugrunde, allerdings ist die Rechtsprechung auch auf Unternehmenstransaktionen übertragbar.

Leitsatz des Urteils:
"Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen zu der Immobilie gewährt, erfüllt hierdurch seine Aufklärungspflicht, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird."

Im vorliegenden Fall hat der Verkäufer drei Tage vor Unterzeichnung des Kaufvertrags wesentliche (offenbarungspflichtige) Unterlagen in den Datenraum hochgeladen und die Käuferin auf die neu bereitgestellten Unterlagen nicht hingewiesen. Der Tag des Uploads erfolgte an einem Freitag; der Notartermin fand am darauffolgenden Montag statt. Nach Ansicht des BGH musste die Klägerin am letzten Arbeitstag vor dem Notartermin nicht mehr mit neu eingestellten Dokumenten rechnen. Dies gilt auch dann, wenn keine Frist für das Einstellen von Dokumenten in den Datenraum vereinbart war. Die Revision der Klägerin war schließlich erfolgreich und die Beklagte konnte in Anspruch genommen werden.

Nach dem Urteil des BGH haben Berater bei Unternehmenstransaktionen im Blick zu behalten, dass das Uploaden von Dokumenten in Datenräume nicht in jedem Fall den Mandanten enthaftet. Werden allerdings die ⤞Spielregeln⤜ eingehalten und die Unterlagen im Vorfeld ordentlich aufbereitet, kann die Haftung des Verkäufers unproblematisch vermieden werden. Sofern sich kurz vor einer Transaktion offenbarungspflichtige Tatsachen kundtun, können Erwerber durch entsprechende Hinweise informiert und Haftungsrisiken ausgeschlossen werden. Das Zusammenspiel zwischen dem Verkäufer und seinem Berater ist hierbei von entscheidender Bedeutung, um eine Transaktion erfolgreich zum Abschluss zu bringen.

Zurück zum Blog